101: Digitale Transformation aus der Sicht eines Tech-Unternehmers! - Mit Vittorio Emmermann
Die digitale Transformation ist eines der aktuellsten Themen in diesen Tagen, viele Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen digitalisieren ihre Dienstleistungen oder Produkte. Wir alle sind Zeugen der Digitalisierung, die überall um uns herum stattfindet. In diesem Interview erklärt uns der Gründer und CEO der cierra GmbH, Vittorio Emmermann, wie der Arbeitsalltag in einem deutschen Tech-Unternehmen aussieht und vor welchen interessanten Herausforderungen diese Branche steht.
Was bedeutet die digitale Transformation für Unternehmen wirklich und warum ist sie so wichtig? Wie sieht die Startup-Szene aus? Wie fängt man an? Dies sind nur einige von vielen Themen, die in diesem Interview behandelt werden.
Vittorio, kannst du erklären, was du im Kontext von Cierra tust und welches Thema der digitalen Transformation wir heute diskutieren?
Als Gründer und CEO von cierra ist meine tägliche Arbeit eine hervorragende Mischung aus dem üblichen „digitalen Papierkram“, sozialen Aspekten in meiner Funktion als Leiter der fantastischen Teams und interessanten technischen Themen, sofern ich Zeit habe, als Entwickler in Projekten mitzuhelfen. Eines der besten Dinge in meinem Job ist, dass ich mit vielen Menschen aus diversen Branchen und Ländern spreche, und dabei auch von anderen Unternehmen lernen kann. In meinem Job bin ich ein Allrounder, und das macht es so angenehm: Ich bin für den Vertrieb, also für die Akquise neuer Partner verantwortlich, ich arbeite mit dem Marketing-Team zusammen, um unser Unternehmen der Welt vorzustellen, ich verwalte gemeinsam mit dem Buchhaltungsteam die Finanzen des Unternehmens und auch die Abteilung Projektmanagement muss unterstützt und koordiniert werden. Die Personalabteilung ist ebenfalls weiterhin ein Teil meiner Arbeit und sogar das Management aller anderen Abteilungen wie Design und Entwicklung gehört zu meinem Aufgabenbereich. Kurz gesagt: Es ist eine schöne Mischung aus fast allem, was wir bei cierra anbieten. An einem Tag diskutiere ich Vertragsvorlagen mit unserem Controlling-Team, am nächsten Tag kann ich Designern helfen, eine brillante Benutzeroberfläche für ein neues Projekt zu erstellen, oder das DevOps-Team beim Aufbau einer stabilen Infrastruktur unterstützen.
Die digitale Transformation ist ein „heißer Begriff“, scheint jedoch häufig Verwirrung zu stiften. Können Sie uns sagen, was genau sich dahinter verbirgt?
Die digitale Transformation begegnet uns derzeit in fast allen Geschäftsbereichen. Unternehmen werden immer digitaler und Kunden erwarten mehr digitale Lösungen. Die gesamte Geschäftswelt ist im Wandel hin zum Digitalen. Kurz gesagt: Es ist ein Begriff für die Entwicklung, in der die Welt sich gerade befindet.
Warum ist die digitale Transformation für Unternehmen so wichtig?
Wenn ich über die digitale Transformation eines einzelnen Unternehmens spreche, würde ich sagen, dass der wichtigste Grund darin besteht, mit den anhaltenden Veränderungen in der Welt der digitalen Medien und den veränderten Gewohnheiten der Benutzer sowohl im B2C- als auch im B2B-Bereich Schritt halten zu können. Der digitale Wandel betrifft ja nicht nur Unternehmen, sondern auch Verbraucher, Nutzer und die Gesellschaft im Allgemeinen. Verwenden wir den Begriff "Nutzer" für Unternehmen, die miteinander Geschäfte tätigen, sowie für Verbraucher in B2C-Märkten. Nutzer erwarten einen einfachen Informationsfluss, bequeme Kaufabwicklungen und intuitive Kommunikationsschnittstellen zwischen ihnen und ihren Dienstanbietern, Lieferanten und Geschäften. Besonders im Lockdown lief fast alles online. Heute wird bei Tätigung einer Online-Bestellung mehr oder weniger eine sofortige Lieferung oder zumindest eine sofortige Antwort erwartet. Dazu ein einfaches Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie bräuchten zwei Tage, um ein eBook an Ihren Kunden zu liefern. Das würde Ihr Geschäft in Zeiten von Diensten wie kindle oder anderen eBook-Stores sehr wahrscheinlich nicht lange überleben. Dies ist auf sehr viele Unternehmen übertragbar. Wenn ein Konkurrent einen intuitiven Weg anbietet, Produkte und Dienstleistungen sofort bereitzustellen, wird Ihr Unternehmen nicht in der Lage sein, mit den wachsenden Erwartungen der Nutzer des Marktes mitzuhalten. Im Moment sind noch nicht alle Branchen digital, und nicht alle Verbraucher erwarten vollständig digitalisierte Vorgänge. Aber die Zeit wird kommen, dass auch die Geschäfte digital werden, die es im Moment noch nicht sind.
Neben der Unterstützung von Unternehmen bei der Digitalisierung ihres Geschäfts konzentriert sich cierra auch auf Start-ups. Warum ist die Arbeit mit Start-ups für cierra wichtig und welchen Ansatz verfolgen Sie gegenüber Unternehmen, die gerade erst ihre Reise beginnen?
Start-ups sind in zweierlei Hinsicht interessant: Es besteht die Möglichkeit, als Investor in ihre Unternehmen einzusteigen und mehr aus einem Deal herauszuholen als nur einen einzelnen Projektauftrag, im besten Fall eine großartige langfristige Partnerschaft. Weiterhin haben wir den Vorteil, uns nicht an eine vorhandene Corporate Identity halten zu müssen – wir können sie schaffen. Wir müssen uns nicht an ein bestimmtes Produkt oder eine Dienstleistung halten, wir können sie gemeinsam mit unserem Partner kreieren. Auch das Start-up als Unternehmen muss aufgebaut werden. Ich persönlich liebe es, Dinge aufzubauen. Gemeinsam mit den Gründern einer jungen Firma ein operatives Unternehmen zu entwickeln, ist etwas ganz anderes, als nur eine digitale Plattform oder ein Produkt zu erschaffen. Wir versuchen, die Start-ups als Gesamtpaket aufzubauen. Wir versuchen, CRM von Minute eins an zu implementieren, alles mess- und skalierbar zu machen und moderne digitale Möglichkeiten zu nutzen, um die Kosten – gerade am Anfang – niedrig zu halten.
Das Start-up von heute ist vielleicht der nächste Tesla von morgen: Wie toll wäre es, Teil von etwas Weltveränderndem zu sein?
Wenn sich Unternehmen der Notwendigkeit einer digitalen Transformation bewusst sind, warum tun sich Ihrer Meinung nach so viele schwer damit, den Wandel in Gang zu bringen?
Knifflige Frage! Ich denke, es gibt eine Menge möglicher Gründe. Ich würde sagen, ein großes Thema ist die Angst vor Neuem. Wenn man große Schritte geht, kann man hinfallen. Deshalb machen die meisten Unternehmen eher kleinere Schritte, einen nach dem anderen. Sie fühlen sich nicht wohl dabei, große Dinge zu verändern. Ich höre oft Aussagen wie "Ein funktionierendes System sollte man nicht verändern" und "Das klappt seit 40 Jahren so, warum sollte ich etwas ändern?". Das Problem ist: Wenn Sie Ihren Fortschritt in Sachen Digitalisierung aufhalten, dann sind Sie schnell in einer Situation, in der es schwierig ist, mit dem aktuellen Stand der Digitalisierung Schritt zu halten. Ich würde auch noch weiter gehen und prognostizieren, dass Unternehmen, die komplett analog arbeiten, die nächsten fünf Jahre nicht überleben werden – ich meine damit komplett analoge Unternehmen ohne jegliche digitale Infrastruktur. Das zweite Problem, das ich recht häufig sehe: die Digitalisierung wird von Leuten umgesetzt, die keine Experten in diesem Bereich sind. Der Markt ist voll von (Marketing-) Agenturen, die auf unsichere Weise Kundenportale bauen, weil sie denken, dass sie damit schnelles Geld machen können. Auch die internen Personalressourcen der Unternehmen sind nicht in der „digitalen Welt“ geschult: Sie glauben gar nicht, mit wie vielen "Digitalisierungsmitarbeitern" ich gesprochen habe, die nicht erklären können, was ein agiler Prozess ist, wozu Docker nützlich ist oder was ein UX-Designer macht... Das muss man natürlich nicht wissen, aber dann sollte man die Digitalisierung nicht unternehmensintern führen, sondern sich Unterstützung von externen Dienstleistern holen. Und da fängt unser Job an.
Gibt es besondere Beispiele dafür, wie Sie Ihren Kunden geholfen haben, die digitale Transformation in Gang zu bringen?
Mein meistgenutztes Beispiel ist die intec AG. In deren Geschäft kann alles digital sein. Mehr Details dazu finden Sie in unserer Fallstudie. Die intec AG ist heute das digitalste Unternehmen in dem Markt, den sie bedient. Auf ihrer Website kann man in weniger als fünf Minuten eine Versicherung online abschließen, für Bestandskunden sogar in weniger als einer Minute. Bevor wir die Zusammenarbeit begannen, mussten sie Papierverträge ausfüllen und per Post oder Fax versenden.
Welche Erfahrungen und Kompetenzen bieten Sie, die unseren Initiativen zur digitalen Transformation zugutekommen können?
Bei cierra dreht sich alles um digitale Plattformen, Apps und die Messung unseres Handelns. Wir konzentrieren uns auf die größte Chance, die die digitale Welt bieten kann: die Möglichkeit, alles zu messen. Darüber hinaus haben wir Expertise in Sachen Datenschutz im Haus, die uns hilft, sichere Apps zu erstellen und unsere Kunden richtig zu beraten. Obendrein stehen bei uns die Nutzer im Mittelpunkt. Wir haben gelernt, dass es nicht so sehr darauf ankommt, wie viele Funktionen eine App hat, sondern dass es viel wichtiger ist, dass alle Funktionen für den Benutzer gut und einfach bedienbar sind. cierra ist auch AWS-Technologiepartner, unsere gesamte aktuelle Infrastruktur wird in Partnerschaft mit AWS erstellt, was auch eine große Chance für unsere Kunden bietet, diese Suite ihrer Tools mit unserer Unterstützung auf eine sichere, skalierbare und effiziente Weise zu nutzen. Als letzten Punkt möchte ich etwas erwähnen, das ziemlich offensichtlich ist: Wir arbeiten in so vielen verschiedenen Branchen, und jede hat ihre eigene spezielle Umgebung, mit der wir interagieren müssen. So viel Potenzial für eine Partnerschaft mit cierra! Zum Beispiel hatten wir es schon oft, dass wir ein Produkt, was Firma A anbieten möchte und Firma B schon anbietet, direkt mit unseren Kunden erstellen, ohne hier den besten Partner zu suchen. Zum Beispiel: ein Online-Shop für Tiernahrung möchte eine Versicherung für Hunde anbieten.
Was ist Ihr Ansatz, um die digitale Transformation zu leiten?
Konzentrieren Sie sich auf gute Messungen, Skalierbarkeit und starten Sie schlank. Sie sollten nicht ein zwölf Monate langes Projekt als ersten Schritt in den digitalen Wandel starten. Sie sollten mit kleinen Schritten beginnen. Die gleiche Logik ist auf Start-ups übertragbar. Vielleicht würden wieder Leute sagen "aber das ist doch offensichtlich" – aber das ist es nicht, glauben Sie mir. Selbst wenn ein Kunde sagt "Lass uns klein anfangen, lass uns ..... machen", dann füllt der Rest des Satzes ein ganzes zwölfstündiges Meeting, um alles zu verstehen. Wenn Sie also sagen "Lass uns klein anfangen", dann machen Sie eine Übersicht der Funktionen und Plattformen, die Sie gerne haben möchten, und nehmen Sie die Hälfte davon, um anzufangen. Und es gibt keinen Nachteil: Sie können direkt nach der ersten Iteration mit den nächsten Features beginnen, Rolling Releases sind heute üblich! Alle zwei Wochen können Sie ein neues Inkrement Ihres Produkts mit neuen Features veröffentlichen – aber Sie sollten erst einmal generell mit etwas anfangen und nicht über Jahre daran arbeiten. Es gibt viele Gründe, warum wir das so machen: Die Anforderungen ändern sich, die Bedürfnisse wachsen, die Technologie ändert sich und vieles mehr.
Wo sollten Unternehmen mit der digitalen Transformation beginnen?
Das hängt ganz davon ab, welche Art von Unternehmen Sie haben. Sie sollten damit beginnen, Ihre Prozesse in Ihrem Unternehmen in einer schönen und verständlichen Weise zu definieren. Dann sollten Sie Schritt für Schritt diese Prozesse analysieren und nach Zeit- oder Ressourcenblockern suchen. Aber das ist nur ein allgemeiner Hinweis. Ich denke, generell ist der häufigste erste Schritt der Digitalisierung das Marketing und auch der Vertrieb. Wenn Sie mit dem Inhouse-Verkauf am Telefon oder per Video-Call beginnen, können Sie eine größere Anzahl von Kunden bedienen und Sie sparen viel Zeit, weil Sie nicht mit dem Auto fahren oder an der Ampel warten müssen. Dies ist der effektivste Schritt, den Sie in den meisten Fällen machen können, außerdem ist der Effekt mehr oder weniger sofort sichtbar für die Entscheidungsträger im Unternehmen. Auch unser Vertriebsteam konzentriert sich auf die Marketingabteilungen, weil sie in den meisten Fällen die Abteilungen mit dem größten Potenzial für uns sind und das beste Verständnis für die Digitalisierung haben. Ich habe auch viele Unternehmen mit Vertriebsteams gesehen, die untereinander nicht koordiniert sind. Verkäufer A weiß nicht, was Verkäufer B macht und auch das Inhouse-Team weiß nicht genau, was das Vertriebsteam macht. Vertriebsteams sind oft eine Art Blackbox in Unternehmen, diese Blackboxen versuchen wir als erstes zu beseitigen. Eines der besten Dinge der Digitalisierung ist die Möglichkeit, fast alles zu messen – das sollten wir nutzen, um Prozesse zu optimieren.
Wenn es einige wichtige Ratschläge gäbe, die Sie einem Kunden geben würden, bevor er ein großes digitales Transformationsprojekt in Angriff nimmt, wie würden diese lauten?
Wie ich in der vorherigen Antwort sagte, ist die Prozessdokumentation für Unternehmen wie unseres großartig, um digitale Konzepte zu erstellen. Es ist wichtig für uns, das Geschäft in kurzer Zeit zu verstehen. Wir sind Experten in unserem Geschäft und unsere Kunden sind die Experten in ihrem Geschäft. Wir müssen also in kurzer Zeit viel über ihre Kunden, Prozesse und Bedürfnisse lernen. Das hilft sowohl den internen als auch den externen Digitalisierungsexperten, die Prozesse zu verstehen und neu zu strukturieren.
Wenn Sie über die Digitalisierung Ihres Unternehmens sprechen und sich beraten lassen möchten, kontaktieren Sie uns unter hello@cierra.de oder +49 551 8 9999 000 für eine kostenlose Beratung.